Hansueli Loosli im Interview

„In 15 Jahren sind wir doppelt so groß!“

TEXT: HENRI-CHARLES DAHLEM | FOTOS: HEINER H. SCHMITT

Verwaltungsratspräsident Hansueli Loosli über ein spezielles Jahr 2021 und die Notwendigkeit, das Beste aus den schwierigen Umständen zu machen.

Für die Transgourmet-Gruppe sieht er eine gute Zukunft.
 

Wie würden Sie das Jahr 2021 für die Transgourmet-Gruppe zusammenfassen?

Hansueli Loosli: Wir sollten eher von einem guten halben Jahr sprechen, weil wir im Lockdown mit geschlossenen Restaurants begonnen haben und erst gegen Ende des Frühjahrs richtig arbeiten konnten. Ab Juni bis November waren wir dann in allen Ländern gut und sogar besser als geplant unterwegs und ab November hatten wir in Österreich Lockdown bedingte Umsatzausfälle. Auch in verschiedenen anderen Ländern fallen Weihnachtsfeiern, die gebucht waren, aus. Ob wir unsere Ziele wie gedacht erreichen, hängt zur Zeit sehr stark von weiteren CoVid-Maßnahmen in allen Ländern ab.

Das heißt, dass es starke Schwankungen zwischen den Ländern gab?

Zuerst – und das freut mich sehr – kann ich sagen, dass sich alle Länder ab Juni bis Mitte November im Vergleich zum Vorjahr überdurchschnittlich entwickelt haben. Das Gastrogeschäft ist in dieser Zeit überdurchschnittlich gewachsen. Hingegen erholt sich die Betriebsverpflegung viel langsamer, da teilweise immer noch von zu Hause aus gearbeitet wird. Auch Länder wie Rumänien und Polen sind sehr solide unterwegs.

Ein Höhepunkt dürfte die Übernahme von GM Food sein. Wie zufrieden sind Sie mit der Entwicklung der Firma, die nun unter dem Namen „Transgourmet Ibérica“ firmiert?

GM Food hat unsere Erwartungen mehr als übertroffen! Das Unternehmen integriert sich im Schnelltempo und passt sehr gut zu uns. Weitere Expansionspläne für Spanien bestehen, aber auch in Portugal möchten wir zu einem späteren Zeitpunkt und entsprechender Gelegenheit gerne investieren.

Spanien und Frankreich bilden nun eine Einheit, die „Transgourmet South West Europe“. Werden diese beiden Länder also enger zusammenarbeiten?

Die Idee ist eher, dass Transgourmet Ibérica von den Stärken des Foodservice- Bereichs von Transgourmet France profitiert und für den Bereich Cash & Carry von Prodega in der Schweiz unterstützt wird. Umgekehrt können andere von den sehr guten Einkaufspreisen in Spanien profitieren.

Werden auch die anderen Coop-Unternehmen in Spanien – Bell und Alifresca – enger mit Transgourmet Ibérica zusammenarbeiten?

Ja, die ersten Bell-Artikel werden jetzt gelistet und erste Vereinbarungen wurden mit Alifresca getroffen. GM Food wird aber auch Transgourmet- Markenartikel einführen, vor allem aus dem Natura- und Plant-based-Sortiment.

Spannen wir den Bogen über ganz Europa: Wie lief das Jahr 2021 zum Beispiel in Frankreich?

Transgourmet France ist, wie erwähnt, sehr gut unterwegs. Das Land treibt das Konzept „One-Stop-Delivery“ voran und stellt dem Kunden all das, was er wünscht in einer Lieferung zu. So kann der Mehraufwand für den Gastronomen durch unterschiedliche Liefertermine für verschiedene Warengruppen, verschiedene Bestellungen an verschiedene Lieferanten mit entsprechender Rechnungsstellung vermieden werden.

Konnten Deutschland und die Ostländer, die über ein starkes Cash-&-Carry-Netzwerk verfügen, den Einbruch im Foodservice kompensieren?

Ja, größtenteils. In Deutschland wächst zum Beispiel Selgros stark. In Polen und Rumänien haben wir zwar weniger Gastronomieumsätze, aber dank Umsätzen mit Händlern und endverbrauchernahen Kunden sind wir dennoch durch die Pandemie gekommen. In Russland konnte sich Global Foods nach Wegfall der Corona- Beschränkungen ausgezeichnet entwickeln. Für 2022 planen wir den Bau und die Inbetriebnahme eines neuen Lagers in Moskau im Verbund mit Selgros Cash & Carry. Zudem wollen wir die Regionallager der Global Foods ausbauen und modernisieren, um 2022 wieder ein zweistelliges Wachstum zu ermöglichen.

„Wir verfügen über ein sehr großes Potenzial.“

Die Fachformate hatten es auch nicht einfach. Ich denke da vor allem an Sump & Stammer, eine Firma, welche auf die Belieferung von Kreuzfahrtschiff en spezialisiert ist.

In der Tat ist während des Lockdowns der Umsatz bei Sump & Stammer bis zu 90 Prozent eingebrochen. Nun kommen aber wieder Aufträge, sodass man dort auf Erholungskurs ist. So schlimm war es für EGV Unna und Team Beverage nicht. Dennoch haben beide Unternehmen auch in diesem Jahr Umsatzausfälle zu verzeichnen. Gastronovi hat während der Krise die Gunst der Stunde genutzt und ist erfolgreich unterwegs.

Ist die Lage in den beiden anderen DACH-Länder ähnlich kompliziert?

Aufgrund des Lockdowns im November/ Dezember in Österreich waren diese beiden Monate herausfordernd. Auf das gesamte Jahr betrachtet konnten aber auch viele Erfolge verbucht werden. Und es gibt auch gute Nachrichten: So werden wir im Frühsommer den vierzehnten Standort in Zell am See eröffnen. Auf einer Gesamtfläche von 10.500 m² wird uns dieser Abhol- und Zustellgroßmarkt helfen, den Kundenkreis zu vergrößern. Danach wird der Umbau in Salzburg in Angriff genommen. Nach diesem Umbau bzw. Neubau werden wir sicher weiter Marktanteile gewinnen.

Wie sieht die Expansionsstrategie für die gesamte Gruppe aus? Werden weitere Länder hinzukommen?

Es wird Wachstum in bestehenden Ländern durch neue Kunden und Expansion geben. Neben Portugal haben wir weiterhin Norditalien inklusive Südtirol im Visier. Von Fall zu Fall werden wir mögliche Übernahmen auch prüfen. Aber ich bin mir sehr sicher, dass wir auch auf bestehendem Geschäft wieder wachsen werden und das ist das Wichtigste.

Apropos „Strategie“: Welche Prioritäten setzen Sie für 2022?

Aus unseren strategischen Zielen bis 2024 werden wir vor allem das Ziel Nummer 5 in Angriff nehmen. Dies lautet: „Wir forcieren den Kundengewinn in der Gastronomie massiv.“ Ich bin überzeugt, dass wir im HORECA-Bereich noch weitere Marktanteile gewinnen werden. Somit verbessern wir auch die Ausgangslage für unser One-Stop-Delivery-Konzept und können den Umsatz noch deutlich ausweiten.

Sie setzen auch große Hoffnungen in das Projekt „Smart Cuisine“. Wie sehen in diesem Bereich die nächsten Schritte aus?

Wir werden den Kunden fertige Menükomponenten wie Fleischgerichte oder Beilagen anbieten, die qualitativ sehr gut sind, einfach anwendbar und zeitsparend eingesetzt werden können. Und dies sowohl in der Gemeinschaftsverpflegung als auch in der Gastronomie. Im Webshop werden über 300 Artikel angeboten und mit Menü- und Büffetvorschlägen ergänzt. Der Außendienst von Transgourmet Schweiz und Hilcona Schweiz verkauft das Konzept gemeinsam bei ausgewählten Kunden wie Hotels, Personalrestaurants, Bankett- oder Cateringbetrieben.

Kommen wir zur Nachhaltigkeit: Wie sieht der Weg genau aus, den die Transgourmet-Gruppe bei diesem Thema beschreiten soll?

Was die Nachhaltigkeit anbelangt, ist es wichtig, landesspezifisch vorzugehen, sowohl in der CO2-Strategie als auch mit unseren Nachhaltigkeits-Eigenmarken. Das wir auf dem richtigen Weg sind, zeigt das Beispiel „Natura“. Mit dieser Bio-Eigenmarke sind wir im April 2021 in der Schweiz, in Österreich, Deutschland und Frankreich fulminant gestartet. Im November 2021 lag der Umsatz bei zwei Millionen Euro. Und für 2022 planen wir bereits einen Umsatz von deutlich über 30 Millionen Euro!

Unsere Lernenden haben auch Fragen. Monica Da Silva aus Dübendorf hat gleich drei: Ihr größter Erfolg?

Eindeutig die im Jahr 2001 durchgeführte Fusion der damals unterschiedlichen Coop Genossenschaften in eine einzige Firma, die Coop Gruppe Genossenschaft. Diese Entscheidung hat uns erlaubt, riesige Fortschritte in vielen Bereichen zu machen und ganz neue Wege zu gehen, die die Zukunft der Gruppe sicher gestellt haben.

Gibt es etwas, das Sie bereuen?

Nein, für solche Gedanken opfere ich keine Zeit. An der Vergangenheit kann ich eh nichts mehr ändern und schaue lieber nach vorne. Die Zukunft bietet uns so viele Möglichkeiten!

Was meinen Sie, wie sieht Transgourmet in 15 Jahren aus?

Doppelt so groß wie jetzt (lacht)! Wenn wir wieder zu einer normalen Lage zurückfinden, dann sind wir bestens gerüstet, um weiterzuwachsen.

Die letzte Frage kommt aus Deutschland. Jannik Weiß arbeitet als dualer Student in der Zentrale in Riedstadt und möchte gerne wissen, wo Sie die größten Schwächen von Transgourmet sehen. Oder anders gefragt: Woran muss die nächste Generation dieses Unternehmens in den kommenden zehn Jahren am meisten arbeiten?

Eine gute Frage! Ich finde, dass wir noch großes Potenzial im Marktanteil in der Gastronomie haben. Das ist eine der großen Chancen. Deshalb würde ich auch den Vertreterinnen und Vertretern der Generation von Jannik Weiß raten, sich sehr stark auf die Bedürfnisse in der Gastronomie und deren Prozesse zu konzentrieren. Dazu gehört auch, neue Kunden zu aquirieren und die eigenen Marketingkonzepte und Prozesse noch besser auf die Bedürfnisse der Branche auszurichten. Die Transgourmet- Gruppe soll nicht nur für Food und Non-Food der beste Partner in der Branche sein, sondern auch im Dienstleistungsbereich so viel wie möglich digital für unsere Kundschaft erledigen, damit diese Gastrounternehmer: innen sich auf ihr Kerngeschäft konzentrieren können. Das wird das gegenseitige Vertrauen stärken.