Wenn es schnupft und kränkelt …
TEXT: TANJA WAGNER | FOTOS: VOLKER NOTHDURFT, TANJA WAGNER
Uns alle beschäftigt zurzeit das Thema Corona. Aber natürlich kann jeden in dieser nasskalten Jahreszeit auch mal eine banale Erkältung erwischen.
Welche Erfahrungen unsere Herd-Rebellin Tanja Wagner dieser Tage mit einem Männerschnupfen gemacht hat und warum man alle(s) in einen Topf schmeißen kann, möchten wir Ihnen – mit einem Augenzwinkern – nicht vorenthalten.
Vor Kurzem
erreichte mich mal wieder ein Ruf der Verzweiflung. „Ich bin kraaaaahaaaaank! Komm her und pflege mich. Nein! Erschieß mich und erlöse mich von meinem Leiden ...Bitteeeee!“ Die nasal klingende, wimmernde Stimme stammt von Marc, einem alten Freund, der sich am anderen Ende des Hörers erst einmal kräftig die Nase schnäuzt.
„Ich weiß mir einfach nicht mehr zu helfen. Noch nie in meinem Leben habe ich mich so schlecht gefühlt! Du bist meine letzte Rettung!“
„Marc, du hast lediglich einen Schnupfen, das wirst du doch wohl allein durchstehen?!“
„Sterben werde ich. Jawohl! Und keiner bekommt es mit! Ich möchte übrigens Guns N’ Roses auf meiner Beerdigung gespielt bekommen.“ Ein lauter Nieser pustet mir fast die Ohrmuschel weg.
„Kannst du bitte, bitte, bitte vorbeikommen?“
„Also gut, ich fahre zu dir.“
Wohl wissend,
dass mein Freund Marc nichts im Kühlschrank hat, was auch nur annähernd gesund und heilungsfördernd wäre, suche ich kurzerhand noch den nächsten Supermarkt auf. 30 Minuten später öffnet mir eine undefinierbare Gestalt die Tür. Eine graue Jogginghose, die mehr Knie ausbeult, als der Träger jemals haben wird, schlackert auf den Hüften. Ein löchriges altes Nirvana-T-Shirt klebt spack über Marcs Bauchansatz und seine Haare stehen wild in alle Richtungen. Er setzt zu einer Umarmung an, die ich gerade noch abwehren kann.
„Okay, gerade sind Umarmungen nicht so gefragt!“ Und schon schlurft der Patient ins Wohnzimmer und lässt sich wieder auf die Couch fallen. Der Wohnzimmerboden ist übersät mit zusammengeknüllten Papiertaschentüchern.
„Tanja, du hast ja keine Ahnung, wie ich mich fühle! Ihr Frauen habt sowieso überhaupt keine Ahnung, wie es ist, wenn Mann krank ist. Ihr seid ja immer so schöööön krank ...“
„Äh, wie ...? Schön krank? Was soll das denn bedeuten?“
„Stell dir mal vor, man würde einen Raum mit einer Glasscheibe trennen. Rechts kranke Frauen, links kranke Männer. Was würdest du sehen?“ Ich denke kurz nach. „Das kann ich dir genau sagen: Auf der Seite der Männer türmen sich die Rotzfahnen rund ums Bett, die Körperhygiene wurde bis auf Weiteres eingestellt, es müffelt ziemlich auf eurer Seite und ich hoffe, dass die Glasscheibe schalldicht ist, damit auf meiner Seite das Gejammer nicht zu hören ist!“
„Wir sind eben so richtig krank!!! Und nicht nur so dekorativ angeschlagen ... Ihr Frauen tragt bei Erkältung schöne pastellfarbene Schals und dicke selbst gestrickte Socken, liegt mit einem Stapel kluger Zeitschriften und übereinandergeschlagenen Beinen immer noch hübsch anzusehen auf der Couch, der Raum duftet nach Pfefferminztee und die Nase putzt ihr euch im Flüstermodus, nachdem ihr euch ein Taschentuch aus einer mit Schmetterlingen bedruckten Pappbox gezogen habt. Ihr geht trotz Todesschnupfen ins Büro, presst euch frische Säfte und Blumen werden euch auch noch gebracht ...“
Ich sehe Marc
mit offenem Mund an. „Und euch bringt eine Erkältung quasi zu einer Nahtoderfahrung. Euer Körper erleidet eurer Meinung nach einen Totalschaden. Ihr seid nicht krank, ihr seid verwundet. Im Stillen bettelt ihr um den Fichtensarg ... Okay, streich ‚im Stillen‘!“
„Ich wäre auch gerne mal krank wie eine Frau“, kommt die leise nasale Stimme von Marc. „Können wir machen. Ich mach dir jetzt einen wärmenden Rotkohl-Steckrüben-Eintopf und während der kocht, bemale ich dir deine Zehennägel. Das würden Frauen nämlich jetzt tun.“ Er lächelt mich an und sagt: „Schön, dass du da bist!“ Und schon kuschelt er sich in seine Kissen-Taschentuch-Burg auf der Couch. Irgendwie sind sie doch alle gleich …
Falls Sie auch
einen verwundeten, halb toten Mann mit Erkältung bei sich rumliegen haben (soll ja in dieser Jahreszeit öfter mal vorkommen), gibt’s hier das Rezept für den „Schnell-Fitmacher-Rotkohl-Steckrüben-Eintopf“. Ich hoffe, die gefühlte männliche Sterberate in den vier Wänden ist nicht zu hoch und alle kommen unbeschadet aus diesem Tal der Qual heraus.
In diesem Sinne:
Halten Sie sich warm, waschen Sie immer schön die Hände (die Viren lauern überall!) und besorgen Sie genug Duftkerzen, um den Krankenmief zu übertünchen. In diesem Sinne: Bleiben Sie gesund!
Orientalischer Rotkohl-Steckrüben-Eintopf
Zutaten
1 Rotkohl oder roter Spitzkohl (ca. 500 g)
1 rote Zwiebel, 3 Bio-Orangen, 6 Gewürznelken
10 getrocknete Aprikosen
4 EL Olivenöl
1 TL Kreuzkümmelsamen
1/2 TL gemahlener Koriander
2 Lorbeerblätter
1,5 l Gemüsebrühe, Salz
1 Steckrübe (ca. 300 g)
4 EL Zucker
100 g frische Cranberrys
1/2 TL gemahlener Zimt
1/2 Granatapfel
1/2 Bund Petersilie
frischer Koriander
10 Walnüsse, geknackt und grob gehackt
100 g Schmand
So wird's gemacht:
Schritt 1:
Die äußeren Blätter des Rotkohls oder Spitzkohls entfernen. Den Kohl zuerst vierteln, den Strunk herausschneiden und in ca. 1/2 cm breite Streifen schneiden. Die Zwiebel schälen, halbieren und in feine Scheiben schneiden. Die Orangen heiß abwaschen und trocken reiben. Die Schale von 1 Orange abreiben. Die anderen beiden halbieren und die Nelken hineinstecken. Die Aprikosen würfeln.
Schritt 2:
In einem großen Topf Olivenöl erhitzen und die Zwiebel zusammen mit dem Kreuzkümmel und dem Kori-ander zugedeckt einige Minuten anschwitzen lassen. Kohl, Lorbeer und die Orangenhälften dazugeben, mit der Brü-he auffüllen. Mit Salz abschmecken. Etwa 5 Minuten offen kochen lassen. Die Steckrübe schälen und grob raspeln.
Schritt 3:
Die geraspelte Steckrübe zusammen mit den Aprikosenwürfeln in den Topf geben und bei geschlosse-nem Deckel etwa 35 Minuten köcheln lassen. Während-dessen den Zucker in eine kleine Pfanne oder einen Topf geben und karamellisieren lassen. Die gewaschenen Cran-berrys dazugeben, Zimt darüberstreuen und einige Minu-ten garen lassen. Die Cranberrys werden dabei ein wenig geschmolzen. Von der Hitze nehmen und beiseitestellen. Die Granatapfelkerne herauslösen. Die Kräuter waschen, trocken schütteln, die Blättchen hacken. Die Walnussker-ne ohne Fett in einer Pfanne anrösten. Die Orangenhälften aus der Suppe entfernen und auf Teller verteilen, die kan-dierten Cranberrys daraufsetzen und mit Kräutern und Walnüssen bestreuen.
Schritt 4:
Zum Schluss den Schmand mit dem Orangen-abrieb und 1 Prise Salz verrühren und je einen Klecks da-von auf den Eintopf geben. Zuletzt die Granatapfelkerne drüberstreuen.